09.02.2022 Waiblinger Kreiszeitung Emotionale Einsätze: Rettungshunde im Rems-Murr-Kreis auf Vermisstensuche
Wird eine Person im Kreis vermisst, kommt meist die Rettungshundestaffel des Deutschen Roten Kreuzes zum Einsatz. Jasmin Holub und ihr Team des DRK-Ortsvereins Kernen unterstützen die Polizei bei der Vermisstensuche. Wie läuft das ab? Was sind die schönen und traurigen Seiten der Arbeit? Und warum muss man bei der Rettungshundestaffel psychisch und körperlich einiges aushalten? Darüber sprechen wir mit der 31-jährigen Gruppenleiterin.
Was macht die Rettungshundestaffel eigentlich?
Unsere Aufgabe ist die Suche nach hilfsbedürftigen und vermissten Personen. Wir machen vor allem die Flächensuche, das heißt: Wir suchen Wälder, Felder oder Parkanlagen mit unseren Hunden nach vermissten Personen ab.
Wann und wie oft werden Sie zu einem Einsatz gerufen?
Die Polizei bekommt eine Vermisstenmeldung und leitet diese nach Vorarbeit an das DRK weiter. Dann wird abgefragt, welches Hundeteam verfügbar ist, und wir suchen nach der Person. Im Schnitt haben wir einen Einsatz pro Monat, also zwölf im Jahr.
Nach welchen Personen suchen Sie denn - eher nach älteren Menschen?
Wir haben unterschiedliche Vermisstensuchen. Oft sind es verwirrte oder demenzkranke Menschen, es können aber auch suizidgefährdete oder davongelaufene Menschen sein, die sich verirrt haben.
Wie Hund und Mensch nach vermissten Personen suchen
Nehmen wir mal an, Sie suchen nach dieser Person - wie läuft das ab?
Wir haben unterschiedliche Sucharten. Es gibt die Kettensuche, bei der man nebeneinander sucht. Es gibt die Parzellensuche, wo jedes Team mit seinem Hund einen Abschnitt bekommt. Es wird aber immer geschaut, was das Hundeteam kann und wie fit der Hund ist. Da spielt auch das Wetter eine Rolle.
Wie macht der Hund Sie darauf aufmerksam, dass er die Person gefunden hat?
Unsere Hunde haben verschiedene Arten, wie sie dem Hundeführer anzeigen, wenn sie jemanden gefunden haben. Der Klassiker ist der Hund, der sich zu dem Menschen hinlegt und bellt. Dann gibt es die „Bringsler“, die zum Hundeführer mit einem Bringsel zurückkommen, das sie davor am Halsband hatten. Meine Hunde springen mich an und zeigen mir damit, dass sie jemanden gefunden haben.
Ihre Hunde scheinen ja sehr gut ausgebildet zu sein. Wie sieht es beim Faktor Mensch aus?
Für den Hundeführer gehört auch viel dazu. Wir sind Mitglied im Ortsverein Kernen. Das heißt, wir gehören zur Bereitschaft und sind auch Helfer im Sanitätsdienst. Wir haben zudem viele spezielle Module, die wir ablegen müssen.
"Man muss psychisch und körperlich einiges aushalten" - Stresstest bei den Einsätzen
Trotz guter Ausbildung: Sind die Einsätze nicht auch manchmal hart für Sie?
Alle Einsätze sind sehr emotional, weil man natürlich die vermisste Person finden will. Dazu kommt, dass die meisten Einsätze in der Nacht sind. Das Schönste ist natürlich der Moment, wenn man eine Person lebendig und gesund findet und bildlich zur Familie zurückbringen kann. Schwierig ist es immer dann, wenn man keine Person findet, weil man keine Auflösung des Einsatzes hat. Traurig ist natürlich, wenn man jemanden tot auffindet. Es ist also alles dabei und man muss psychisch und körperlich einiges aushalten.
Bekommen Sie Unterstützung und Hilfe nach Einsätzen?
Wir haben Nachbesprechungen und bekommen psychologische Hilfe. In der Einsatzgruppe haben wir generell immer wieder Nachgespräche oder man kann als Einzelperson um Hilfe und Unterstützung bitten. Da wird einem immer geholfen.
Was war Ihr schönster Moment bei einem Einsatz?
Wir hatten einmal einen Einsatz hier im Rems-Murr-Kreis, bei dem eine demenzkranke Frau tagelang vermisst wurde. Wir haben sie nach 48 Stunden unterkühlt gefunden und konnten sie nach Hause bringen. Das war sehr schön, weil die Temperaturen in der Nacht schon recht kalt waren und keiner mehr damit gerechnet hatte, dass wir die Frau so fit finden. Ich hatte aber auch Einsätze, wo wir niemanden gefunden haben und wo wir nur noch einen Tot-Fund hatten.
Sie sind ehrenamtlich tätig - wie kriegen Sie das unter einen Hut?
Der zeitliche Aufwand fürs Training ist sehr hoch. Wir haben zweimal die Woche Training mit der Gruppe, man muss aber auch privat viel tun. Eigentlich macht man jeden Tag was dafür. Die Einsätze dauern in der Regel so sechs Stunden und der Arbeitgeber muss uns nicht freistellen. Das ist also wirklich private Freizeit, die man dann im Wald verbringt. Wir sind aber eine coole Gruppe und verstehen uns sehr gut, verbringen viel Zeit privat miteinander - es ist quasi eine Berufung.
ZUR PERSON
Jasmin Holub ist seit September 2018 bei der Rettungshundestaffel. Die 31-Jährige und ihre Schwester sind mit drei Hunden in der Gruppe aktiv. Zweimal die Woche wird mit der Staffel trainiert, täglich steht Einzeltraining an. Die Hunde bekommen zur Belohnung das, was es sonst nie gibt: Maultaschen und Saitenwürstle.