30.11.2019 Waiblinger Kreiszeitung Erste Hilfe mit T-Shirts, Moos und Ästen
Von unserer Mitarbeiterin Heidrun Gehrke Verstauchter Knöchel, blutende Wunde, Tierbiss: Schnell ist draußen in der Natur etwas passiert – und dann? Tipps & Tricks Rems-Murr. Nur wenige nehmen einen Erste-Hilfe-Kasten mit auf eine Tagestour. Mit speziellen Outdoor-Kursen bereitet das DRK auf medizinische Notfälle in der Natur vor. Not macht erfinderisch.
Kursleiterin Beate Wichtler führt die Handgriffe vor, mit denen sich ein T-Shirt zum Dreieckstuch falten lässt. „Damit lässt sich einiges verbinden, Improvisation ist das A und O“, meint die ehrenamtliche Lehrkraft des DRK-Kreisverbands Rems-Murr. Schnürsenkel gehen auch. „Der Fokus liegt immer auf der Blutstillung mit allem, was ich dabei habe als Druckpolster.“ Bei Schürfwunden, die nicht stark bluten, sei der einfache Wickelverband nützlich
Fixierung heißt das Prinzip: „Eine sterile Wundauflage habe ich nicht dabei, also wird direkt verbunden.“ Der Druck auf die lokale Blutung darf nicht zu stark sein. „Einen Druckverband oder Knoten bitte nur direkt auf stark blutende Wunden legen.“ Wichtig auch: Personen mit einer stark blutenden Wunde haben am Boden zu liegen. „Damit der Kreislauf mit im Boot bleibt, braucht er die Chance, sich im Liegen zu stabilisieren“, so die Kursleiterin.
Ein T-Shirt als Therapeutikum
Mit dem T-Shirt Wunden abbinden, mit Moos und Blättern Schwellungen kühlen, beim Knöchelbruch eine Rucksacktrage bauen - Erste Hilfe in der Natur ist machbar mit Dingen, die man bei sich trägt und draußen findet. Worauf es ankommt, wenn die nächste Ortschaft kilometerweit entfernt ist, zeigt ein Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs, den der DRK-Kreisverband anbietet. Sieben Teilnehmer machen sich vertraut mit Wiederbelebung, dem Schienen von Beinen und der stabilen Seitenlage am Hang.
„Wie vielseitig verwendbar so ein T-Shirt ist“, staunt ein Teilnehmer aus Korb. Er sei schon einige Male vom Fahrrad gefallen, bis jetzt aber mit blauen Flecken davongekommen. „Ich möchte vorbereitet sein, falls was Schlimmeres passiert.“
Dies ist nach Auskunft der Kursleiterin „schneller passiert als viele denken“: An Bäumen kann man sich fies aufreißen. Äste können sich in die Haut bohren. Steine können zu üblen Schnittwunden führen.
„Es gibt viele scharfkantige Dinge in der Natur“, so Beate Wichtler. Ebenso gebe es viele nützliche Notfallhelfer, die mitten im Wald und an jeder Wegbiegung liegen. Steine zum Kühlen, Moos und Blätter als „Bett“ für die stabile Seitenlage. Ob Kopf, Knie oder Ellbogen - in der freien Wildnis geht es darum, den Aufwand gering zu halten. „Macht euch klar: Wir sind mit reduziertem Gepäck unterwegs und müssen mit wenig Material auskommen.
Wärmeerhalt ist das Entscheidende
Bei allem, was draußen passieren kann – viel gefährlicher als ein Knochenbruch ist die Gefahr der Unterkühlung. Darum lautet die wichtigste Botschaft an die angehenden Hilfeprofis: „Den Verletzten warm halten. Kälte ist der größte Feind des Menschen.“ Für den Wärmeerhalt im Freien zähle die korrekte Handhabe der Wärmedecke. Die DRK-Ersthelferin hat bei Wanderungen immer zwei Decken dabei – eine wird zwischen Jacke und Rücken geschoben, die andere am Boden ausgebreitet.
„Denkt immer an ein Polster für die Wärmedecke. Sie muss etwas Abstand zum Boden haben.“ Erste Hilfe im Freien stehe unter anderen Vorzeichen als in geschützten Räumen oder im Straßenverkehr. „Der Outdoor-Ersthelfer muss eine längere Zeit überbrücken und den Verletzten begleiten“, so Beate Wichtler. Wenn alle Stricke reißen, weit entfernt von ärztlicher Hilfe, in unwegsamem Gelände – etwa in den Bergen - müssten Ersthelfer den Verletzten auch transportieren können.
Für den „schlimmsten Fall“ lernen die Teilnehmenden, eine Trage aus Holzstöcken zu bauen, die zwischen zwei Rucksäcke geschoben werden. Der improvisierte „Sitz“ macht Eindruck. „Ich hätte nicht gedacht, wie viele hilfreiche Dinge in der Umgebung herumliegen“, sagt eine Teilnehmerin aus Asperg.
Info
Bei der Gartenschau hat der DRK-Kreisverband den Outdoor-Erste-Hilfe-Kurs zum ersten Mal angeboten. Die nächsten Termine: 2. Februar, 10. Mai und 20. September 2020, von 8.30 bis 16.30 Uhr. Mehr auf www.drk-rems-murr.de/erste-hilfe/erste-hilfe-outdoor.html
Bei einer Wanderung oder einem Waldspaziergang haben die allerwenigsten einen Verbandskasten dabei. Das DRK bietet Kurse an, in denen gezeigt wird, wie man sich spontan ohne Erste-Hilfe-Spezialausrüstung helfen kann.