06.11.2012 Fellbacher Zeitung Bellen, bis die Sanitäter kommen
Fellbach Rettungshunde haben ein feines Näschen - das beweisen sie beim Einsatz im Wald für die "vermisste" Melanie Bürkle.
Von weitem höre ich etwas bimmeln. Es kommt immer näher und näher. Plötzlich steht ein großer hellbrauner Hund vor mir. Er bellt mich wie verückt an. Hüpft rechts, hüpft links, bellt und bellt. Kurz macht er eine Pause und horcht. Beschnuppert mich noch schnell von Fuß bis Kopf. Dann bellt er weiter. Die Schnauze oft nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Hin und wieder stupst er mich auch vorsichtig an.
Ich liege einfach nur da, getraue mich nicht zu bewegen, obwohl das laute Gebell schon in meinen Ohren schmerzt. Aber ich habe ja keine Ahnung was der Vierbeiner macht, wenn ich mich bewege. Zwar hat er auf seinem Leibchen ein rotes Kreuz, doch ich bleibe lieber ruhig liegen und lasse ihn bellen. Dann endlich kommt völlig außer Puste, eine junge Dame angerannt.
Ich bin das Opfer beim Training der DRK-Rettungshundestaffel. Ich habe mich im Wald verirrt, bin verletzt und finde nicht mehr nach Hause. Eine typische Einsatzsituation für die Flächensuchhunde und ihre Führer. Denn ein Mensch würde mich in diesem Waldstück wohl ewig suchen. Doch Balu, der Rettungshund, hat mit seiner feinen Spürnase meine Witterung schnell aufgenommen und mich gefunden.
Sei vier jahren ist Balu, ein Mischling zwischen Belgischer Schäferhund, Golden Retriever und Berner Sennenhund, bei der Rettungsstaffel. Ganze drei Jahre hat er dabei in der Ausbildung verbracht. Jetzt mit seinen fünf Jahren, ist Balu ein Beller. Das ist ein Rettungshund, der seinen Fund durch lautes Bellen anzeigt. Sein Frauchen muss dann nur noch ihrem Gehör folgen, um die vermisste person zu bergen.
Für mich als Vermisste ist es indessen ein komisches Gefühl, wenn plötzlich ein wildfremder Hund vor mir steht und wie verrückt bellt. Doch irgendwie vermittelt er gleichermaßen auch ein wenig Sicherheit. Ich weiß, ich bin nicht mehr alleine. Es ist auf alle Fälle angenehmer, als würde der Hund wieder wegrennen. Denn auch das gib es. Das sind die Verweiser. Sie zeigen durch ihr stetes pendeln zwischen der vermissten Person und dem Hundeführer den Weg. Doch liegt man da als Veretzte und fühlt sich hilflos, dann kommen einem doch starke Zweifel an der baldigen Rettung, wenn der Hund wieder wegrennt. Ich war ganz froh, dass Balu da war. Selbst wenn von diesem Zeitpunkt noch eine gefühlte Ewigkeit bis zum Eintreffen der Helfer verging.
"Was tut ihnen weh? Wie genau ist es denn passiert?", erkunden die sich nun. "Ich bin auf einen Ast getreten und habe mir den Fuß verknackst", entgegne ich. Mein Puls wird gemessen, mein Körper begutachtet, der Schuh am betroffenen Bein ausgezogen. Balu lässt mich dabei nicht aus den Augen. Bis die Diagnose feststeht: stark verstauchter Knöchel.
Vorsichtig helfen mir zwei Sanitäter beim Aufstehen. Alles läuft hand in Hand und ständige wird sich nach meinem Befinden erkundigt. "Alles in Ordnung? Geht es ihnen gut?" Soviel überaus nette Hilfe ist mir schon fast peinlich. Am liebgsten würde ich mich auf einem Beim hüpfend selbst aus dem Wald hinaus bewegen. Schließlich habe ich mich aj in meiner Dummheit im Wald verirrt und dann auch noch verletzt. Doch Balu, die Hundeführerin und die angerückten Sanitäter des DRK lassen keinen Zweifel daran aufkommen, das sie sehr gerne alles für mein Wohlbefinden tun.
So werde ich also bis zum Rettungswagen getragen. Und nach jedem holprigen Stück kommt die Nachfrage: "Alles ok" Tut etwas weh?" Nein rundum ist alles bestens", lächle ich. Erst auf dem Feldweg darf ich endlich wieder auftreten und ich sein. Da wird dann auch Balu für seine hervorragende Suche mit ein paar Leckerlis belohnt.
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