10.02.2020 Waiblinger Kreiszeitung: Im Notfall schneller vor Ort
Von unserem Mitarbeiter Dennis Dreher Rotes Kreuz Rems-Murr testet eine neue App Rems-Murr. Markus Frey ist privat in Aspach unterwegs, als sein Handy zu vibrieren beginnt. Notfall! Schnell macht sich der Sanitäter auf den Weg zum Einsatzort und holt seine Ausrüstung aus dem Auto. Er erreicht den Unfallort fünf bis sechs Minuten vor dem Rettungswagen und kann sogleich mit der Erstversorgung beginnen.
Sein Fall zeigt: Das neue System funktioniert. Der Kreisverband Rems-Murr des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) setzt bei der Notfallrettung testweise auf die App „Region der Lebensretter“ aus Freiburg. Sie soll durch eine intelligente Umkreissuche sogenannte Helfer vor Ort (HvO) benachrichtigen. Diese ausgebildeten Sanitäter könnten dann deutlich schneller am Ort des Geschehens eintreffen als bisher.
Ton erklingt trotz „lautlos“
„Die App kann so eingestellt werden, dass sie immer einen Ton macht, auch wenn das Handy gerade auf lautlos ist“, sagt Frey. Er gehört zu einer Handvoll Testpersonen, die seit Mitte Dezember registriert sind. Als dauerhafte Ergänzung zu den bisher genutzten Funkmeldeempfängern ist die App vorgesehen. Denn: Im Aspacher Notfall reagierte sein Melder nicht. Das liegt daran, dass die kleinen, schwarzen Geräte nur für bestimmte Gemarkungen eingerichtet sind. In Freys Fall zum Beispiel für Oppenweiler. Befindet er sich außerhalb seiner Heimatgemeinde, bekommt er nichts davon mit, wenn jemand gar nicht weit entfernt einen Herzstillstand erleidet. Das ist natürlich alles andere als effizient, zumal Frey und die anderen Helfer vor Ort ihre Ausrüstung immer bei sich tragen.
Die Freiburger App benachrichtigt automatisch in der Regel vier Lebensretter, die sich in der Nähe befinden. Wenn nötig, vergrößert sie ihren Radius. Es ist zudem möglich, direkt über die App mit der Leitstelle Kontakt aufzunehmen.
Beim Etablieren der neuen Technik soll der Rems-Murr Kreis eine führende Rolle spielen. Mittelfristig ist eine Ausweitung des Konzeptes auf das ganze Land vorgesehen – mit genau zwei Servern, einem in Freiburg und einem zweiten in Waiblingen. Damit nicht genug: Bereits ab Anfang März dürften alle 200 Helfer vor Ort mit einem Defibrillator ausgestattet sein. Jedes Jahr durchlaufen bis zu 20 weitere Männer und Frauen die Ausbildung. Auch privat können die Bürger einen Defibrillator erwerben und sich registrieren lassen. Dieses Gerät soll im Fall eines Herzstillstandes oder bei Kammerflimmern den natürlichen Herzrhythmus wiederherstellen.
Das Defi-Netz des DRK Rems-Murr ist auf dessen Website einzusehen. Eine Abschaffung der Funkmeldeempfänger ist übrigens auch auf lange Sicht nicht vorgesehen. „Gerade für die Fälle, wenn der Handyakku leer ist oder man keinen Empfang hat.“ Dass dies vorkommt, ist eher selten. Selbst mit einer schwachen Internetverbindung sei die App funktionsfähig. Neben Freiburg und dem Rems-Murr Kreis machen auch die Rettungsdienstbereiche Biberach, Ulm und Ostwürttemberg beim Test mit. Die Weiterentwicklung des Systems bleibt den Südbadener Initiatoren überlassen, die Waiblinger geben aber ihre Erfahrungen weiter. Die sind, abgesehen von einigen Kinderkrankheiten, ausnahmslos positiv.
Im Breisgau hat man derweil große Pläne, möchte möglichst viele ins Boot holen. Zugute kommt dem DRK, dass die Helfer vor Ort mittlerweile auch im Rettungsdienstgesetz Erwähnung finden. Damit herrscht weitgehende Rechtssicherheit.
Kinderleichte Navigation
Und wie funktioniert die App konkret? Im Testalarm zeigen sich Parallelen zu einem Anruf. Der Benachrichtigte kann wahlweise nach rechts oder nach links wischen und damit entscheiden, ob er im Notfall zur Hilfe eilt oder dies ablehnt. Die ersten beiden Helfer vor Ort schickt das System direkt zum Einsatz, für die dritte Person soll es dann zum nächstgelegenen Defibrillator gehen. Die Kartendienste von Google sind eingebunden; die Navigation ist ein Kinderspiel. Protokolle des Einsatzes bleiben aber Pflicht, obwohl auch die App die Daten der Helfer speichert. Und was kann jeder Einzelne tun, um im Fall der Fälle vorbereitet zu sein? „Die erste Anlaufstelle ist immer ein Erste-Hilfe-Kurs. Es gibt mittlerweile einen bundesweit einheitlichen, viel praxisnäher als früher.“ Lachend ergänzt Frey: „Noch besser ist natürlich der direkte Einstieg beim DRK.“
Am 11. Februar ist Europäischer Tag des Notrufs
- In allen europäischen Ländern gilt die 112 als einheitliche Notrufnummer.
- Ein Anruf unter dieser Nummer kostet nichts, weder aus dem Mobilfunk- noch aus dem Festnetz
- Am Handy lässt sich ein Notruf auch dann absetzen, wenn man den Entsperr-Code des
- Gerätes nicht kennt.
- Wer die 112 rufen muss, sollte versuchen, so ruhig wie möglich zu bleiben und diese Fragen beantworten: Wo ist es passiert? Was ist passiert? Wie viele Verletzte und Erkrankte gibt es? Welche Verletzungen liegen vor, soweit erkennbar?
- Die wichtigste Regel: Nicht einfach auflegen! Eventuell hat die Rettungsleitstelle Nachfragen.