15.11.2019 Murrhardter Zeitung Bailey hat den richtigen Riecher
Von Andrea Wüstholz WAIBLINGEN/WEINSTADT Suchhündin findet 76-jährige, an Demenz erkrankte Frau unterkühlt im Gebüsch
Sie ist mit elfeinhalb Jahren schon wacker alt, aber fit wie ein Turnschuh: "Bailey" heißt die holländische Schäferhündin, die in der Nacht auf Mittwoch vermutlich ein Menschenleben gerettet hat. Ihr Einsatz in einem Waldgebiet nordöstlich von Großheppach neigte sich gegen 1.40 Uhr dem Ende zu, und es schien, als müssten fast 40 Einsatzkräfte und ihre Hunde unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen. Bereits zum zweiten Mal suchte man nach der vermissten Seniorin. Am Sonntag hatten Rettungskräfte schon einmal einen Teil des Waldgebiets durchkämmt - ohne erfolg. Am Dienstag schickte die Polizei erneut Suchtrupps in den Wald.
Rettunghundeführerin Sabine Moscal spricht von "Gänsehaut pur". Sie hat Bailey ausgebildet schon unzählige Prüfungen mit der Hündin absolviert und das Tier schon oft mit dem Kommando "Such voran!" losgeschickt. In dieser Nacht rechneten die Helfer eher nicht damit die Seniorin lebend zu finden. Bis damit die Seniorin lebend zu finden. Bis Bailey anschlug "Ich war nur ein paar Schritte von ihr entfernt", erzählt Sabine Moscal. Die gesuchte Frau lag am wegrand in einem Gebüsch, nur mit Hose und dünner Jacke bekleidet. Es war kalt in dieser Nacht. Nur leicht unterkühlt war die Frau unverletzt, ansprechbar und sogar "ganz gut drauf". "Da weiß man wieder, wofür man das macht", sagt Sabine Moscal, die den Erfolg dem Team zugeschrieben sehen möchte. Im Einsatzleitwagen sitzten die Koordinatoren, zum Suchtrupp zählen jene Helfer, die den Funkkontakt und das weitere vorgehen im Blick halten und, und, und.
Sabine Moscal gehört der Staffel Bundesverband Rettungshunde Rems-Murr an, ist von Beruf Altenpflegerin und engagiert sich seit 17 Jahren in diesem Ehrenamt Baileys Geburt erlebte die 50-jährige vor elfeinhalb Jahren live mit, und wenig Wochen später nahm sie die Hündin bei sich auf. Als "vollwertige Familienmitglieder" leben Bailey und ein zweiter Hund bei Moscals in Weiler zum Stein. In regelmäßigen Abständen muss ein "Stöberhund" wie Bailey eine Prüfung ablegen um sicherzustellen, dass er seinen Aufgaben nach wie vor gewachsen ist. Stöberhund heißt, Bailey ist trainiert darauf, Menschen zu finden, er sucht nicht wie ein Mantrailer-Hund nach der Geruchsspur einer bestimmten Person.
Die Ausbildung von Spür- und Suchhunden basiert auf positivem Feedback: Für richtiges Verhalten gib's Leckerli, Lob und Zuwendung. Bailey durfte in der Nacht direkt nach dem Sucherfolg eine Dose Spaghetti Carbonara lerrschlabbern. Sabine Moscal hatte diese Mahlzeit in weiser Voraussicht bei sich, ebenso den Lieblingsball ihrer Hündin. Noch am Suchort nachts im Wald spielte jemand mit dem Hund, um ihm zu signalisieren: Das hast du super gemacht!
Oft sind die Suchteams auch nicht erfolgreich. Dann versteckt sich auch mal jemand aus der Mannschaft im Suchgebiet, und der Hund darf ihn finden, berichtet die Rettungshundeführerin: Die Tiere sollen eine Erfolgserlebnis haben und ihre Belohnung genießen, das macht sie stark. Für die Menschen ist in einer Nacht wie dieser auch gesorgt, berichtet Heide Wieland vom Roten Kreuz, die den Einsatz leitete.
Ein beheiztes Zelt war aufgestellt, es gab warme Getränke und Brezeln für die Helfer. Sie walle waren einem bestimmten Abschnitt im Suchgebiet zugeordnet; 15 Hunde suchten nach der Frau. Mit 39 Einsatzkräften war diese Suche nicht mal eine besonders große angelegte. "Wir hatten schon viel größere Einsätze", erzählt Wieland
Bis ein Flächenhund ausgebildet ist, vergehen zwei bis drei Jahre, in welchen zweimal pro Woche trainiert wird. Die Prüfungen beschreibt Heide Wieland als sehr anspruchsvoll. "Die Durchfallquote ist ziemlich hoch." Baileys nächste Prüfung steht erst in einem Jahr an. Die Schäferhündin wird trotz ihres Alters noch nicht in Rente gehen. Vermutlich freut sie sich schon wegen der Spaghetti auf den nächsten Einsatz: "Such voran."