16.11.2009 Alkohol ist kein Mittel zur Problemlösung
Fellbacher Zeitung Rommelshausen Mit drastischen Bildern und eindringlichen Worten gegen den Trend zum Komasaufen. Von Eva Herschmann
Das Bild schockt: Regungslos liegt ein Junge auf dem Boden bis Rettungssanitäter den Betrunkenen mitnehmen. Dann erzählt Aniela Heubach von einem Filmriss, Daniel Woida von ersten Erfahrungen mit Alkohol im Alter von 13,5 Jahren: Der Film "Alkohol - vom Genussmittel zum Komasaufen" legte mit drastischen Bildern und eindringlichen Worten die Basis für die Veranstaltung der Kommunalen Kriminalprävention in Kernen. Fast 80 Gäste nahmen teil. "Ein Drittel stellen unsere Jugendlichen", sagte Kristina Bredow vom Mobilen Jugendreferat. Die Mädchen und Jungen, die am Freitag ins Rathaus in Rommelshausen kamen, beschränkten sich allerdings aufs Zuhören.
Bei den meisten Delikten von Jugendlichen sei "massiver Genuss" von Alkohol im Spiel, sagte Melanie Riester-Kappel, die Kernener Ordnungsamtsleiterin. Auch wenn es zu keinen strafrechtlich relevanten Ausfällen kommt, endet exzessiver Konsums oft in kleinen und großen Dramen. Annette Kautz vom DRK Kernen erzählte von Mädchen auf der "Römer" Kirbe, die stolz sind, wenn sie am Ende ihrer Zechtour bei den Sanitätern landen. Sie kennt die traurige Realität. Sie erzählte von Betrunkenen, die an ihrem Erbrochenen ersticken, oder einem Besoffenen auf dem Fellbacher Herbst, der sich nach einem Treppensturz und trotz blutender Wunden im Gesicht heftig gegen Hilfe der Rotkreuzler wehrte.
2008 wurden in Fellbach und Kernen 227 Straftaten registriert, bei denen Alkohol eine Rolle spielte, sagte Klaus Auer, der Chef des Fellbacher Polizeireviers. "Alkohol ist ein Katalysator für Gewaltdelikte." Auer weiß, dass es realitätsfern ist, totale Abstinenz zu fordern und setzt auf verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit Alkohol. Rausch dürfe nicht Teil einer Bewältigungsstrategie sein. Wie Jugendliche mit Alkohol umgehen, hängt von Vorbildern ab. Michael Wünsch vom Mobilen Jugendreferat Kernen erzählte von einem Jungen, der stets gesagt hatte, er werde nicht wie seine alkoholkranken Eltern: "Heute ist er 17 Jahre und auf dem besten Weg zum Säufer."
Der Vorsitzende der SpVgg Rommelshausen Herbert Hagenlocher weiß, dass Übungsleiter in den Sportvereinen Verantwortung tragen. "Im Elternhaus müssen die Grenzen gesetzt werden, aber wir achten darauf, dass keiner unter 16 Jahren Alkohol trinkt." Eine entscheidende Rolle für den Umgang mit Alkohol spielt der Gruppenzwang. "Anfangs hat mir Alkohol nicht geschmeckt, aber die Gruppendynamik tat ihre Wirkung", hatte Aniela im Film gesagt. Dennis Varsi erzählte, dass er zum ersten Mal auf einer Party getrunken habe. Später habe er manchmal nicht mehr gewusst, wo oben und unten ist. "Deshalb lasse ich die Finger vom Alkohol", sagte der Jugendliche.
Warum sich Jugendliche "wegbeamen", wollte der Moderator Ulrich Blaschke von der Initiative Sicherer Landkreis wissen. "Viele von ihnen haben keine schöne Kindheit und Jugend, es ist erschreckend, wenn 16- und 17-Jährige sagen, das Leben ist scheiße", sagte Kristina Bredow. Noch weniger lebenswert werde es für viele, wenn sie ihren Führerschein nicht machen dürfen, sagte Klaus Auer. "Wenn ein Jugendlicher mit Alkohol auffällig wird, unterrichten wir die Führerscheinstelle, egal ob er zu Fuß, mit dem Rad oder Roller unterwegs ist."